Informationen zur Kartierung der FFH– und Rote-Liste-Pflanzenarten in Thüringen
Mit der 2001 abgeschlossenen flächendeckenden Rasterkartierung aller Farn- und Blütenpflanzen Thüringens (Korsch & al. 2002) wurde ein großer Fortschritt in Bezug auf unsere Kenntnisse über die aktuelle und historische Verbreitung und die Häufigkeit der im Freistaat vorkommenden Arten erzielt. Dadurch konnte bei der Erarbeitung der 4. bis 6. Fassung der Roten Liste der Farn- und Blütenpflanzen (Korsch & Westhus 2001, 2011 und 2021) auf eine deutlich bessere Datengrundlage als bisher zurückgegriffen und die Einstufungen wesentlich objektiviert werden. Es zeigte sich aber, dass trotzdem noch ein erheblicher Bedarf an Wissen über konkrete Vorkommen der gefährdeten Arten besteht. Vor allem im Rahmen der Eingriffsregelung und verschiedener Planungen sind aktuelle, punktbezogene Daten über das Vorkommen dieser Sippen eine wesentliche Entscheidungshilfe.
Wir sind in Thüringen in der glücklichen Lage über eine große Zahl kenntnisreicher, ehrenamtlicher und hauptberuflicher Pflanzenfreunde zu verfügen. Vor allem die aktive Kartierungsarbeit mit Bestimmungskursen und gemeinsamen Exkursionen in den letzten Jahren hat dazu beigetragen, die Zahl der aktiven Mitarbeiter zu halten. Das Wissen der erfahrenen Mitarbeiter soll auch weiterhin genutzt werden, um den Schutz unserer heimischen Flora zu verbessern. Aber auch neue Mitarbeiter, die sich an der Kartierung beteiligen möchten, sind willkommen. Damit wird gleichzeitig dem mehrfach geäußerten Wunsch der Kartierer Rechnung getragen, der Beschäftigung mit der heimatlichen Natur einen sinnvollen Hintergrund zu geben.
Ziel der Kartierung ist es möglichst alle aktuellen Vorkommen von gefährdeten und FFH-Arten innerhalb der Landesgrenzen Thüringens zu erfassen. Zu diesen Sippen sollen Angaben zur genauen Lage, zur Bestandsgröße, zum besiedelten Biotop, zum Status und zur eventuellen Gefährdung der Vorkommen erfasst und in einer zentralen Datenbank zusammengeführt werden. Diese Daten werden nach einer kritischen Durchsicht allen Naturschutzbehörden des Landes in regelmäßigen Abständen zur Verfügung gestellt. Sie können aber auch für wissenschaftliche Zwecke ausgewertet werden.
Die Meldungen werden somit eine wesentliche Grundlage für Artenschutzmaßnahmen vor Ort, bei der Fortschreibung der Roten Listen und dem Biomonitoring bilden und nicht zuletzt dem Land Thüringen ermöglichen, seiner Berichtspflicht im Rahmen der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der EU nachzukommen.
Für unser Projekt „Erfassung der FFH- und Rote-Liste-Pflanzenarten Thüringens“ ("RL_TH") möchten wir Sie einladen, Daten von geschützten und gefährdeten Pflanzenarten Thüringens zu erheben. Diese wichtigen Daten können uns helfen zu verstehen, wie sich die Bestände dieser Arten entwickeln, oder welche Erhaltungs- und Schutzmaßnahmen ergriffen werden müssen. Sie dienen auch als Grundlage für die Erstellung der Rote Liste Thüringens und helfen Naturschutzbehörden, entsprechende Schutzmaßnahmen zu planen und durchzuführen.
Unsere Erfassungsmethode ist ein erster Vorschlag, wie die automatisierte Kartierung von geschützten und gefährdeten Pflanzen in Thüringen aussehen könnte. Wir wollen damit basierend auf der Flora Incognita App die Kartierung und den Datenaustausch beschleunigen sowie eine Diskussion und einen Ideenaustausch mit allen Interessierten, ob hauptberuflich oder ehrenamtlich als Hobby, einfacher ermöglichen. Insgesamt soll damit die Datengrundlage für die nächste Rote Liste Thüringens verbessert werden. Wir hoffen außerdem mehr junge Interessierte für die Aufnahme gefährdeter Pflanzen zu begeistern. Die Durchführung mittels Flora Incognita App unterstützt damit die Erfassung der Biodiversität in Thüringen und kann auch als Blaupause für andere Bundesländer genutzt werden.
Wer Interesse hat, mitzumachen, kontaktiert bitte: Tristan Lemke unter: tristan.lemke@tlubn.thueringen.de
Handout zur App-basierten Erfassung von FFH-und Rote-Liste-Pflanzenarten
Impressum
Die Erfassung der FFH- und Rote-Liste-Pflanzenarten Thüringens ist ein Gemeinschaftsprojekt zwischen der Thüringischen Botanischen Gesellschaft e. V. mit Sitz im Herbarium Haussknecht der Friedrich-Schiller-Universität Jena (https://thueringische-botanische-gesellschaft.de/kartierung/) und dem Thüringer Landesamt für Umwelt, Bergbau und Naturschutz (TLUBN, https://tlubn.thueringen.de/naturschutz/bot-artenschutz/kartierung-ffh-rote-liste-pflanzen). Das Projekt verfolgt die Erfassung der auf der jeweils aktuellen Roten Liste geführten Farn- und Blütenpflanzen Thüringens (z. Zt. 810 Arten, Stand 2021) und der Anhänge der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-RL). Dabei werden die Vorkommen dieser Arten mit Angaben zur Populationsgröße punktgenau erfasst. Derzeit arbeiten das Max-Planck-Institut für Biogeochemie Jena und die TU Ilmenau zusammen mit den oben genannten Partnern an der Umsetzung einer digitalen Rote-Liste-Arten-Erfassung mit Hilfe der Flora Incognita App.
2016
Cardamine corymbosa: (Neuseeland-Schaumkraut) – Hörschel b. Eisenach (4927/34); Privatgrundstück etwa 100 Meter östlich der Dorfkirche (V. Weiss, Leipzig). Erster Nachweis für Thüringen und eine von nur wenigen Funden in Deutschland. Die Art wird zunehmend auch in anderen kontinentaleuropäischen Ländern mit Pflanzenmaterial aus englischen Gärtnereien eingeschleppt.
Vaccinium macrocarpon: (Großfrüchtige Moosbeere, „Cranberry“) – Waldmoor nördlich Lichtenau (5236/13, I. Schönfelder, Jena, im Rahmen einer Kartierungsexkursion). Zweiter aktueller Nachweis für Thüringen. Der Fund ist auch aus kulturhistorischer Sicht interessant, da es in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts Versuche gab, die Art in Hochmooren des Thüringer Waldes zu kultivieren. Der Fund könnte ein Indiz sein, dass es solche Versuche auch im Holzland gab – Nachforschungen in dieser Richtung könnten Klarheit bringen.
2015
Chenopodium urbicum: zahlreich im Hühnerauslauf im Reiterhof am Südwestrand von Hardisleben bei Rastenberg (4034/23, E. Schmidt, Rastenberg; det. H. Korsch, Jena). Die deutschlandweit vom Aussterben bedrohte Art war in Thüringen zuletzt 1953 auf dem ehemaligen Bahndamm nördlich vom Bahnhof Silberhausen nachgewiesen worden [Baumgarten, G. 1986: Zur Flora des Eichsfeldes (8. Beitrag). Mitt. Florist. Kartier. 12: 93-100]. Sie galt deshalb als verschollen.
2014
Pseudognaphalium luteoalbum: Rand der alten, jetzt als Bad genutzten Kiesgrube bei Porstendorf in der Saaleaue nördlich Jena, 1 Exemplar (J. Hentschel, Jena). Die Art war in Thüringen zuletzt Mitte der 1980er Jahre bei Neustadt/Orla beobachtet worden. Vielleicht hängt ihr Auftreten an der genannten Stelle mit dem Jahrhunderhochwasser ım letzten Jahr zusammen?
Potamogeton perfoliatus: ehemalige Kiesgrube nordöstlich von Uhlstädt bei Rudolstadt, ein größerer Bestand (H. Korsch, Jena). Die Art war früher in Thüringen gar nicht so selten und ist von Haussknecht z. B. 1881 zwischen Zeutsch und Uhlstädt gesammelt worden. Die bisher letzte Angabe stammt von K Kellner (Nordhausen) aus dem Jahr 1981, der die Art bei Hufhaus am Harzrand beobachtet hat.
2013
Verbascum virgatum: bereits 2012 im Park Hohenrode in Nordhausen entdeckt, aber erst jetzt Bestimmung geprüft (B. Schwarzberg, Nordhausen). An gleicher Stelle bereits 1893 von A. Vocke gesammelt, damals aber als V. blattaria fehlbestimmt und publiziert.
2012
Brachypodium rupestre: Leutratal bei Jena, 3. Nachweis dieses Grases in Thüringen (H. Korsch, Jena)
Chamsesyce serpens: Stadtgebiet Artern, 1. Nachweis für Thüringen (A. Hoch, Roßla; E. & J. Zaumseil, Naumburg)
2011
Brachythecium erythrorrhizon: Frauenprießnitzer Tal bei Jena, 1. Nachweis der Moosart für Deutschland (J. Hentschel, Jena)
Carex virdula: kleine ehemalige Kiesgrube östlich Haßleben, zweites aktuelles Vorkommen in Thüringen (H. KorscH, Jena)
Chara aspera: Haßleber Ried, zweites aktuelles Vorkommen in Thüringen (H. Korsch, Jena)
Chenopodium giganteum: Bahndamm 0,3 km südl. Bahnhof Jena-Göschwitz. Zweiter Nachweis für Thüringen (I. Schönfelder, Jena)
Elatine alsinastrum: „Oberer See" westlich Catharinau bei Rudolstadt (5234/34), erster Nachweis in Thüringen seit rund 100 Jahren (I. Schönfelder, Jena)
Thalictrum simplex subsp. galioides: Straßengraben westlich Dermsdorf, zweites aktuelles Vorkommen in Thüringen (H. Korsch, Jena)

Vergebene (▲) und bearbeitete (●) Rasterfelder, Stand Februar 2024